Stichwort: Straßenbahn Kirchheim / Anfrage von Stadtrat Werner Pfisterer MdL / Antworten von der Stadtverwaltung Heidelberg

In Sachen „Straßenbahn Kirchheim“ hatte der Heidelberger Stadtrat und Landtagsabgeordnete Werner Pfisterer am 12. Dezember 2008 eine Anfrage an die Stadt Heidelberg gestellt, die im Januar und im Februar 2009 im Heidelberger Gemeinderat behandelt wurde.

Folgend finden Sie Pfisterers Fragen und die Antworten der Heidelberger Stadtverwaltung.

Frage 1:

Wie beurteilt die Stadt Heidelberg die aktuelle Wirtschaftlichkeit der Straßenbahn Kirchheim?

Antwort:

Eine belastbare Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Straßenbahn Kirchheim wird erst nach Vorliegen der Ergebnisse aus der Verkehrserhebung 2007/2008 und der daraus resultierenden Einnahmeaufteilung im Verbund und der entsprechenden Einnahmezuscheidung an die HSB/RNV vorgenommen werden können.
Ferner steht die endgültige Feststellung der Investitionskosten aufgrund der noch nicht vorliegenden Schlussrechnungen noch aus.

Frage 2:

Welche Aussagen machte die frühere Bürgermeisterin im Rahmen der Planungen bezüglich der Auslastung und Nutzung (Fahrgastzahlen) der Straßenbahn Kirchheim, und wie sieht die aktuelle Realität aus?

Antwort:

Zählungen aus der aktuellen Verkehrserhebung (2007/2008) liegen uns ebenfalls erst nach der Einnahmeaufteilung im Verbund vor, so dass hier nur ein Trend dargestellt werden kann.
Im Gesamtquerschnitt nördlich von Kirchheim auf Höhe Messplatz wurden im November 2007 9.500 Fahrgäste pro Tag gezählt. Hiervon entfallen auf die Straßenbahn 7.000 Fahrgäste. Der Rest verteilt sich auf die Buslinien 33, 720 und 721. Gegenüber dem vorherigen Zustand ergibt das insgesamt eine Steigerung von 13% an ÖPNV-Fahrgästen. Die absolute Prognosezahl von 12.000 Fahrgästen pro Tag insgesamt (Straßenbahn: 8.400 Fahrgäste pro Tag), die im Rahmen der aktualisierten Nutzen-Kosten-Untersuchung vom Oktober 2004 ermittelt wurden, können zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreicht werden.

Die ursprüngliche Planung der Baumaßnahme sah vor, die aus dem Umland einfahrenden Buslinien von Walldorf und St. Leon – Rot in Kirchheim zu brechen.
Der Rhein-Neckar-Kreis als zuständiger Aufgabenträger hat sich allerdings letztendlich für ein geändertes Linienkonzept mit weitgehender Durchbindung der Regionallinien entschieden, um den Fahrgästen der Umlandgemeinden eine umsteigefreie Fahrt zu ermöglichen. Die Linien 720 und 721 wurden zum Winterfahrplanwechsel 2007/2008 von der Fa. Werner Reisen in Bensheim im Rahmen des Genehmigungswettbewerbes übernommen.

Eine Einschätzung der RNV GmbH (Email vom 16.01.2009):

„Aufgrund des auf Basis der vorliegenden Fahrgastzahlen zu berechnenden Verhältnisses von Fahrgeldeinnahmen und Betriebsaufwand erreicht die Linie 26 eine zufriedenstellende Wirtschaftlichkeit. Der Kostendeckungsgrad der Linie 26 liegt über dem der Linien 21 und 24, jedoch unter dem Deckungsgrad der hochfrequentierten Linien 22 und 23.“
(Quelle: RNV GmbH, Januar 2009)

Frage 3:

Was sind die aktuellen Gründe der Umlandgemeinden – entgegen der Aussagen der früheren Oberbürgermeisterin – nicht einen Anschluss an die Straßenbahn Kirchheim zu planen?

Antwort:

Nach Vorlage der im Ergebnis eindeutig negativen Nutzen-Kosten-Untersuchung für einen Straßenbahnringschluss Wiesloch-Walldorf (VRN, Walldorf, Wiesloch) im März 2007 haben sich die beteiligten Gemeinden zur Frage „Süd-Schiene“ neu positioniert (siehe Informationsvorlage DS: 0170/2007/IV).

Grundsätzlich bestehe Interesse an einer Weiterführung in den Süden. Jedoch wurden nach Vorlage der im Ergebnis eindeutig negativen Nutzen-Kosten-Untersuchung für einen Straßen-bahnringschluss Wiesloch-Walldorf (VRN, Walldorf, Wiesloch) im März 2007 vorerst keine weiteren Finanzmittel für Gutachten in die Haushalte der Umlandgemeinden eingestellt. Der Gemeinderat Walldorf hatte hierzu am 25.09.2007 beschlossen, dass bei einer veränderten Sachlage insbesondere bezüglich der Förderungsmöglichkeiten eine erneute Befassung erfolgen soll. Dabei würden die Freihaltetrassen bei der Stadtentwicklung berücksichtigt.

Frage 4:

Mit welchen technischen Problemen hat die Straßenbahn Kirchheim aktuell zu kämpfen und wie können diese schnellstmöglich behoben werden?

Antwort:

Es handelt sich hierbei um hauptsächlich technische Probleme, die aufgrund der Komplexität des Zusammenspiels Signalanlagen, Fahrsignalanlage und Weichensteuerung herrühren. Die technischen Störungen an der Kirchheimer Strecke sind nicht höher als an anderen vergleichbaren Strecken wie beispielsweise nach Eppelheim (hier gibt es ebenfalls eine Fahrsignalanlage).

Derzeit müssen Straßenbahnfahrer noch manuell die Weichen positionieren, da die Weichentechnik ein Auffahren der Weiche nicht zulässt. Nach intensiven Bemühungen des Weichenherstellers sowie einer angepassten Wartung konnten solche Fehler stark reduziert werden. Die RNV geht davon aus, dass sich der stabile Zustand weiter hält. Darüber hinaus ist mittelfristig (bis Ende 2009) eine Steuerung der Anlage durch die Betriebsleitstelle in Mannheim vorgesehen, die ein „Ausrücken“ von sogenannten Entstörern unnötig machen soll. Seitens des Weichenherstellers wurden alle festgestellten Mängel an der Anlage behoben.

Zur Entwicklung der Störungen in Kirchheim im Jahr 2008:

Januar: 24
Februar: 14
März: 7
April: 17
Mai: 16
Juni: 17
Juli: 15
August: 24
September: 10
Oktober: 21
November:6
Dezember (bis Weihnachten): 5

(Quelle: RNV GmbH, Januar 2009)

Im September/Oktober wurden seitens des Herstellers nochmals Optimierungen an den Weichenanlagen vorgenommen. Dies hat sich in den Folgemonaten positiv ausgewirkt.

Sitzung des Gemeinderates vom 05.02.2009 – Ergebnis der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 05.02.2009

Zusatzfrage:

Stadtrat Dr. Weiler-Lorentz:
In der Antwort ist nur der Ringschluss erwähnt, aber wir hatten der Verwaltung auch in Auftrag gegeben, intensiv zu verhandeln und zu prüfen inwieweit die Linie nach Süden ausgedehnt werden kann. Das schließt keinen Ringschluss ein. Bis wann ist das zu erwarten? Ist da ein Bericht darüber zu erwarten?

Oberbürgermeister Dr. Würzner:
Ich kann eigentlich nur sagen, alles was bekannt ist, wissen wir, das ist der letzte Stand. Ich habe noch keine neuen Informationen vom Rektorat.

Stadtrat Dr. Weiler-Lorentz:
Meine Frage bezog sich nicht auf den Ringschluss, sondern auf einen Beschluss des Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschusses, der den Oberbürgermeister aufgefordert hat, intensiv mit den südlichen Gemeinden zu verhandeln und die Bereitschaft der Stadt Heidelberg zu erklären auch bei einem Ausbau der südlichen Linie Richtung Wiesloch/Nußloch mitzuwirken. Danach hatte ich gefragt.

Oberbürgermeister Dr. Würzner:
Ja, das hatten wir beim letzten Mal geantwortet. Ich hatte Ihnen gesagt, dass ich mit den Umlandbürgermeistern ein intensives Gespräch geführt habe. Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) hat ein Gutachten beauftragt, was jetzt nochmals die Achse, die am wirtschaftlichsten gehalten worden ist, Heidelberg-Wiesloch-Nußloch, im Detail nachrechnet, ob sie nicht doch in den Bereich der Wirtschaftlichkeit kommen könnte. Dieses Gutachten liegt noch nicht vor. Aber es ist nicht der Ringschluss, weil die anderen Achsen eine zu schlechte Wirtschaftlichkeit ergeben haben, das muss man einfach festhalten. Aber ein Bericht wird noch vorgelegt.

Anmerkung:

Stadträtin Frey-Eger:
Es wird eine Einschätzung der RNV abgedruckt. Ich finde das sehr lustig und witzig, weil das überhaupt nichts hergibt. Es heißt nur „eine zufriedenstellende Wirtschaftlichkeit und der Kostendeckungsgrad der Linie 26 liegt über den Linien 21 und 24, jedoch unter Linie 22 und 23“. Jetzt sind wir aber schlauer.

 

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