Werner Pfisterer MdL berichtet aktuell aus dem Landtag:

Fraktionen einigen sich auf Parlamentsreform – Weichen für modernes Landesparlament sind gestellt
Eine eigenständige Altersversorgung bei angepassten Diäten, die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat sowie lebendigere Debatten, das sind die wesentlichen Inhalte der umfassenden Parlamentsreform, auf die sich alle vier im Landtag von Baden-Württemberg vertretenen Fraktionen jetzt geeinigt haben.


„Mit diesem Kompromiss haben wir die Weichen gestellt für ein modernes Landesparlament“, sagten die Fraktionsvorsitzenden Stefan Mappus (CDU), Claus Schmiedel (SPD), Winfried Kretschmann (GRÜNE) und Dr. Ulrich Noll (FDP/DVP) am heutigen Dienstagnachmittag, 11. März 2008, nach Abschluss der Beratungen.

Landtagspräsident Peter Straub (CDU) sprach von einem „bedeutenden Erfolg“. Der einschlägige Gesetzentwurf wird im Plenum voraussichtlich am 2. April 2008 in Erster Lesung behandelt.

Am 17. Juli 2006 hatte Landtagspräsident Peter Straub die vier Fraktionsvorsitzenden zu einem ersten Meinungsaustausch eingeladen. Es folgten verschiedene Gesprächsrunden. Sie mündeten in einem Eckpunktepapier, das am 26. April 2007 vereinbart wurde. Dieses Eckpunktepapier stellte wiederum die Grundlage dar für einen Interfraktionellen Antrag (Drucksache 14/1550), der in der Plenarsitzung am 26. Juli 2007 mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Jene Punkte dieses Antrags, die das Abgeordnetenrecht betreffen, sollen nun mit dem gemeinsam von CDU, SPD, GRÜNEN und FDP/DVP nach weiteren Verhandlungsrunden vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes umgesetzt werden. Er sieht im Wesentlichen vor:

– Umstellung auf eigenständige Altersvorsorge der Abgeordneten
Anstelle der bisherigen staatlichen Altersversorgung wird eine eigenständige Altersvorsorge der Abgeordneten eingeführt. Zu diesem Zweck erhalten die Abgeordneten einen zusätzlichen monatlichen steuerpflichtigen Beitrag in Höhe von 1.500 Euro.
Wegen des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauens- und Bestandsschutzes für erworbene Versorgungsanwartschaften wird eine Übergangsregelung getroffen: Alle Abgeordneten, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes (geplant ist der 1. Mai 2011) eine Versorgungsanwartschaft nach bisherigem Recht erworben haben, bleiben in diesem System. Sie erhalten keinen Vorsorgebeitrag zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge.

Anpassung der Diäten und Pauschalen
Die Höhe der steuerpflichtigen Entschädigung wird an das Niveau der in vergleichbaren Flächenländern bezahlten Diät angeglichen. Die allgemeine Unkostenpauschale und die Tagegeldpauschale werden zu einer Kostenpauschale zusammengefasst. Die Reisekostenpauschale wird abgeschafft, stattdessen werden die tatsächlichen mandatsbedingten Fahrtkosten der Abgeordneten erstattet (sogenannte Spitzabrechnung).

Unvereinbarkeit von Amt und Mandat
Ab der 16. Wahlperiode, also ab dem Jahr 2016, gilt die strikte Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. Die Inkompatibilität soll auch für Angestellte des Landes sowie für Vorstandsmitglieder und Leitende Angestellte anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts, die unter Landesaufsicht stehen, sowie für Mitglieder geschäftsführender Organe und für Leitende Angestellte juristischer Personen des Privatrechts gelten, an denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts unter Landesaufsicht zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist.
Die im Unterschied zum Bund und zu allen anderen deutschen Flächenländern weitgehende traditionelle Vereinbarkeit von Amt und Mandat in Baden-Württemberg ist durch die Entwicklung des Mandats zum Beruf mit hoher zeitlicher Arbeitsbelastung der Abgeordneten strukturell überholt. Angesichts der Zunahme originärer staatlicher Aufgaben, die die Verwaltungsstrukturreform für den kommunalen Bereich mit sich gebracht hat, lässt sich wegen der Vermischung exekutiver und legislativer Aufgaben bei den Abgeordneten mit kommunalen Ämtern die bisherige Regelung zur Vereinbarkeit von Amt und Mandat nicht mehr aufrechterhalten.

Kosten
Nach Angaben des Landtagspräsidenten wird die Reform des Abgeordnetenrechts die Versorgungsausgaben durch die Umstellung des staatlichen Versorgungssystems auf eine eigenständige Altersvorsorge kontinuierlich verringern. Somit sei auf Dauer eine Kostenersparnis zu erwarten.

Wahlkreisreform
Nach Abschluss der Parlamentsreform – darauf haben sich die Fraktionen verständigt – wird die Wahlkreisreform angegangen. Deren vorrangiges Ziel besteht darin, eine Angleichung der Wahlkreisgrößen zu erreichen. Systemumstellung des Zweitauszählungsverfahrens auf Prozente.

Funktionszulagen
Einig sind sich die Fraktionen auch darin, dass die Funktionszulagen bis zum Jahr 2011 verfassungskonform geregelt werden.

Innere Parlamentsreform (vgl. Drucksache 14/1550)
Vorverlegung des Beginns der Wahlperiode
Der Beginn der 15. Wahlperiode wird um einen Monat auf den 1. Mai 2011 vorverlegt. Auch die nachfolgenden Wahlperioden beginnen dann regelmäßig jeweils am 1. Mai. Dadurch verkürzt sich die „landtagslose Zeit“ zwischen Wahltag und Start der Legislaturperiode um einen Monat.

Resümee
„Es ist höchst erfreulich und ein bedeutender Erfolg, dass die Parlamentsreform im Endergebnis von allen vier Fraktionen mitgetragen wird“, resümierte Landtagspräsident Straub und dankte den Fraktionen und ihren Vorsitzenden. Ohne die Bereitschaft aller Beteiligten, Kompromisse einzugehen, sei dieser Erfolg keinesfalls möglich gewesen. „Auch wenn wir eine gewisse zeitliche Verzögerung in Kauf nehmen mussten bleibt doch entscheidend, dass uns die Parlamentsreform gelungen ist, und zwar umfassend und im Konsens“, so Straub.

Quelle: Landtagspressestelle

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