CDU wird und muss sich auch unangenehmen Aufgaben stellen

CDU-Bezirksvorstand Nordbaden tagte in Heidelberg – Antrag zum Heimatschutz verabschiedet – Unterstützung für Straßenbahn durchs Neuenheimer Feld


Zur gemeinsamen Sitzung des CDU-Kreisvorstands Heidelberg und des Bezirksvorstands Nordbaden hatte der Kreisvorsitzende Eyke Peveling ins Kurpfalzcafe geladen. Neben dem Bezirksvorsitzenden Innenminister Thomas Schäuble waren Mitglieder des Landtags und des Bundestags gekommen, darunter Werner Pfisterer MdL und Karl A. Lamers MdB. Schäuble eröffnete den Abend mit einem politischen Lagebericht für Kommunen, Land und Bund. Er zeigte sich zuversichtlich, dass seine Partei bei den Kommunalwahlen gut abschneiden werde. Es herrsche „desaströse Stimmung im Kabinett Schröder, in dem jeder gegen jeden kämpft“.

Das Tief der SPD sei aber kein Grund zur Schadenfreude, so der Minister. Es bestehe die Gefahr, dass die Bundesregierung vom dringend notwendigen Reformkurs abweiche um sich weitere Wahlniederlagen zu ersparen. „Sollte sich in der Parteiführung die Ansicht durchsetzen, dass der objektiv gebotene Reformkurs nicht durchzuhalten ist und die SPD zu zerreißen droht, wäre dies das Ende der Reformen für diese Legislaturperiode“, mahnte Schäuble. Dies wäre „schlimm für Deutschland“ und hinterließe der CDU nach einem Wahlsieg einen noch größeren Reformbedarf, mit dem sich seine Partei dann auseinandersetzen müsse – mit Gefahr, dann ebenso wie die SPD heute abgestraft zu werden. Der Bezirksvorsitzende sah „Unregierbarkeit“ drohen und bezweifelte, dass „die Menschen in Deutschland begriffen haben, wie schlimm die Lage wirklich ist“. Regierungsverantwortung zwinge zu unpopulären Maßnahmen, sagte der Minister mit Blick auf die Bundestagswahl 2006: „Unser Hoch darf nicht davon ablenken, dass wir uns auch unangenehmen Aufgaben zu stellen haben.“

An die kurzen Darlegungen Schäubles knüpfte eine Diskussion über die Position der Partei zum Irakkrieg an, in der sich alle Beteiligten hinter die USA, aber gegen die Folter stellten. Die Meinung, ohne Schröder stünden heute deutsche Soldaten im Irak, sei schlicht falsch. Für Lamers ist „jede Folter unvereinbar mit der Charta der UN, der Charta der europäischen Menschenrechte und der Verfassung“. Lamers überreichte der Versammlung einen Antrag „Heimatschutz als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden“. Dieser fordert auf, das Krisen- und Katastrophenvorsorgesystem zu reformieren. Lamers sieht den Staat bei Terroranschlägen unzureichend gerüstet, da die Kooperation von zivilen und militärischen Kräften nur ungenügend vorbereitet sei. Er fordert einen vor allem aus Wehrpflichtigen bestehenden „Heimatschutz aus 50 vernetzten Regionalbasen mit je 500 Soldaten, die für Einsatzfälle in Bereitschaft gehalten werden“. Auch müsse „das vernetzte Zusammenspiel bei der Gefahrenbewältigung zwischen zivilen Stellen und Heimatschutzkräften der Bundeswehr weit intensiver geübt werden“. Schäuble sprach sich ebenfalls für eine Änderung des Grundgesetzes aus, um „den begrenzten Einsatz“ der Bundeswehr im Innern nicht nur im erklärten Verteidigungsfall zu ermöglichen. Die Versammlung nahm den Antrag Lamers’ ohne Gegenstimme an.

Werner Pfisterer stellte die Streitthemen des Wahlkampfs vor, und das ist die Verkehrspolitik: Fünfte Neckarbrücke, Straßenbahn nach Kirchheim und Neuenheimer Feld seien die großen Themen. Im Neuenheimer Feld werde viel gebaut, der Bau der neuen Frauenklinik, der neuen Kinderklinik und Bioquants stünden an. In diesem Stadtteil entstünden zahlreiche Arbeitsplätze – hier werde eine Straßenbahn dringend benötigt, nicht in Kirchheim. Pfisterer forderte den Bezirksvorstand auf, ihm zu helfen, die geplante Kirchheimer Trasse zu verhindern und eine Trasse durch das Neuenheimer Feld zu unterstützen. Viele Arbeitgeber in Kirchheim wollten die Straßenbahn nicht, die Universität begrüßte hingegen eine Anbindung: „In Kirchheim zerstört die Bahn Arbeitsplätze, in Neuenheim erhält und schafft sie welche“, so der Stadtrat. Der Abgeordnete sieht im „Patiententourismus eine Chance für Heidelberg“; weder Patienten noch Beschäftigten könnten längere Staus zugemutet werden. Daher sei neben der Trasse auch die fünfte Neckarquerung dringend notwendig. Die Versammlung sprach sich für eine Unterstützung Pfisterers aus, der in Aussicht stellte, dass nach der Wahl „die Straßenbahn auf ein anderes Gleis gesetzt“ werde.

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