Heidelbergs Luftschlösser

Heidelberg ist nicht nur die Stadt des Schlosses, sondern leider auch die Stadt der Luftschlösser. Es wir viel geredet aber nichts gemacht, viel geplant aber nichts umgesetzt Kein einziges größeres Bauprojekt wurde unter OB Beate Weber Wirklichkeit.


Ob Neckarufer- oder Burelli-Tunnel, MLP-Schulungszentrum oder Hallenbad, Kinozentrum am Bahnhof oder am Menglerbau, Straßenbahnbrücke oder Jugendhotel am Bahnhof: Allesamt sind sie Beispiele für unaufhörliches jahrelanges Gerede und Planungen ohne Ergebnis, aber welch ein Wirbel wurde über jedes einzelne Luftschloss gemacht! Ich bedaure, im Fall des Kongreßzentrums recht zu behalten, ich bedaure, dass es ein Flop geworden ist. Ich hatte die Stimme gegen das geplante Kongreßzentrum vorausschauend erhoben – nicht weil ich Gegner eines Kongreßzentrums bin. Denn Heidelberg braucht dringend ein Kongreßzentrum, allerdings plädierte ich stets dafür, dass wir seriöse Investoren benötigen: Und ich bleibe bei dieser Ansicht. Ich bleibe auch bei der Ablehnung von anderen Luftschlössern, die auf unsolide Finanzierungskonzepte gebaut sind – wenn man das Bangen und Hoffen denn überhaupt Konzept nennen mag: Stichwort Straßenbahn nach Kirchheim, das Prestigeobjekt der OB.

Kirchheim hat eine gute Nahversorgung, die geplante Straßenbahntrasse ist nicht zeitgemäß für diesen Stadtteil. Was in einem Fall ein Segen ist, kann im anderen die Hölle sein. Wir sollten uns an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, und das heißt in diesen Zeiten vor allem: Arbeit. Die Straßenbahn gefährdet aber Arbeitsplätze, sie droht viele Geschäftsleute in den Ruin zu treiben – sei es während der Bauzeit oder danach durch die Beschränkungen für den Anliefer- und Kundenverkehr. Frau Weber will um jeden Preis Fakten schaffen und versucht hektisch bis zur Kommunalwahl einen symbolträchtigen Spatenstich zu machen. Es wäre das einzige größere Projekt, was über die Planungsphase hinausgekommen wäre. Dabei ist auch hier die Finanzierung unsicher, die Gelder noch gar nicht genehmigt und die Höhe etwaiger Zuschüsse völlig ungewiss: Die Prüfung in der Landesregierung hält noch an. Zuschüsse wird es nur geben, wenn vor dem 30. Juni 2004 ein echter Baubeginn einsetzt, und das müsste mehr sein als ein kleiner Erdhaufen und eine Schaufel. Frau Webers Hektik vor der Wahl verstellt aber den Blick auf die Finanzen der Stadt. Denn selbst wenn die noch unsicheren Zuschüsse in voller Höhe kämen, steht die Stadt dennoch vor enorm sinkenden Gewerbesteuereinnahmen. Können wir uns daher die Trasse noch guten Gewissens leisten?

Wie kann man predigen, was wünschenswert aber nicht unbedingt notwendig und nicht finanzierbar sei müsse auf den Prüfstand – und dann einen funktionierenden Öffentlichen Personennahverkehr durch einen anderen ersetzen wollen, mit riesigen Kosten? Ich richte mich bei meiner Arbeit nach dem Wählerauftrag, die Wählerinnen und Wähler habe ich zu vertreten, auch wenn der Wind einmal aus der Gegenrichtung kommt: Ihnen bin ich verantwortlich. Wir sollten in diesen Zeiten vernünftig sein und auf kostspielige Prestigeprojekte verzichten, die in keinem Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag für die Menschen in unserer Stadt stehen. Lassen Sie uns von der Planung vieler Luftschlösser wegkommen, das Geld sinnvoller einsetzen und für einige Projekte sichtbare Fundamente legen. Heidelberg kann schließlich mehr!

Werner Pfisterer, Stadtrat und MdL

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