Gegenwind für Kirchheimer Straßenbahn

Heidelberg – Die geplante Straßenbahntrasse nach Kirchheim wird viele Gewerbetreibende und Unternehmen entlang der Strecke schwer belasten oder gar ins wirtschaftliche Abseits katapultieren. Das mußte der Heidelberger Landtagsabgeordnete und Stadtrat Werner Pfisterer im Rahmen eines Besuches bei der Heidelberger Metallwaren- und Maschinenfabrik Autz & Herrmann wieder einmal erfahren.


Pfisterer war zusammen mit CDU-Stadträten den CDU-Ortsvorsitzenden von Kirchheim und der Weststadt, sowie CDU-Bezirksbeiräten der beiden Stadtteile bei dem 90 Jahre alten Heidelberger Traditionsunternehmen zu Besuch, um sich über die Situation des mittelständischen Betriebs mit seinen über 200 Beschäftigten zu informieren.

Gravierende Beeinträchtigungen für die Zukunft zeichnen sich für die Firma Autz & Herrmann bereits jetzt ab. Ein Besuch von HSB-Planern hat ergeben, daß die Straßenbahnstrecke in Mittellage der Carl-Benz-Straße auf erhöhtem Gleiskörper verlegt werde und die Anlieferung durch die täglich ca. 14 LKWs beinahe unmöglich machen wird. Der Wegfall der Parkplätze und des Stauraums für Anlieferungsverkehr wird zusätzlich den geordneten Betriebsablauf im Unternehmen erheblich beeinträchtigen. Der sei aber besonders deshalb wichtig, weil Autz & Herrmann zahlreiche Zulieferteile für die Just-in-time-Fertigung anderer Unternehmen produziere, die kurzfristig abgefragt würden und termingenau geliefert werden müßten.

Anhand dieses Beispiels werde nach Ansicht Pfisterers besonders deutlich, wie schnell unüberlegte Eingriffe in gewachsene Strukturen zu empfindlichen Störungen führen können. Er hatte bereits in den beiden vergangenen Jahren bei zahlreichen Vor-Ort-Terminen von Kirchheimer Unternehmern und Einzelhändler klagen gehört. Diese Klagen seien zwar gegenüber der Stadt und dem Gemeinderat vorgetragen, am sogenannten „Runden Tisch“ ebenfalls eingebracht worden, seien aber ohne jedes Ergebnis geblieben. So seien zahlreiche Unternehmen bereits in den vergangenen beiden Jahren immer wieder an die Öffentlichkeit gegangen, aber von der Stadt nicht ausreichend wahrgenommen worden.

Werner Pfisterer MdL spricht sich deshalb erneut gegen die von der Stadt geplante Trasse der Straßenbahn nach Kirchheim aus. Er weist nachdrücklich auf den wachsenden Widerstand hin, den das Straßenbahn-Vorzeigeprojekt der Stadt jetzt nicht nur in Kirchheim erzeugt: „Wer die bereits jetzt unter starkem Konkurrenzdruck stehenden mittelständischen Unternehmen noch mit zusätzlichen Lasten drangsaliert, der muß damit rechnen, daß Heidelberg nicht nur diese Unternehmen, sondern auch Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze verlieren wird.“
Pfisterer forderte deshalb die Oberbürgermeisterin auf, die Straßenbahn zur Chef-Sache zu machen und selbst einmal mit allen betroffenen Unternehmern und Arbeitnehmern entlang der geplanten Trasse zu sprechen. Dann werde sie vor Ort spüren, wieviele Existenzen die Strecke akut bedroht.

Die Zukunft mit Straßenbahn, das machte Pfisterer deutlich, werde Kirchheim nachhaltig verändern: „Das Ende vom Lied wird sein, daß ein über die Jahrhunderte gewachsenes – einstmals dörfliches – Zentrum verödet. Einkaufsmöglichkeiten werden entfallen, mittelständische Gewerbebetriebe müssen umsiedeln. Dadurch wird die enge Verbindung von Wohnen, Arbeiten und Einkaufen in Kirchheim zerstört, eine Struktur, die den Charakter Kirchheims ausmacht und sich über viele Generationen bewährt hat.“ Gerade eine Oberbürgermeisterin, die so gerne von „dezentralen Strukturen“ und „wohnortnahem Einkaufen“ spreche, so der Stadtrat, ist hier an ihren eigenen Ansprüchen zu messen: „Ich sehe mit der Straßenbahn mehr Autoverkehr durch Kirchheim rollen, nicht weniger. Denn wer zahlreiche Erledigungen machen will, der ist zukünftig darauf angewiesen, die Einkaufszentren am Rande der Stadt aufzusuchen, weil die Einzelhändler in der Schwetzinger Straße mangels Umsatz aufgeben werden.“

Manfred Benz, der Vorsitzende der CDU Kirchheim und Stadtrat Werner Pfisterer zeigten sich von der Ignoranz der Stadtverwaltung enttäuscht: „Wenn die Straßenbahn erst einmal gebaut wird, gibt es kein Zurück mehr. Dann wird das Sterben des Mittelstandes beginnen und erst enden, wenn auch dem Letzten die Luft ausgegangen ist. Noch gibt es eine Umkehr, bevor mit einer städtischen Millionen-Investition viele Millionen-Investitionen privater Unternehmen zerstört werden.“

Die CDU-Gemeinderatsfraktion lehnt deshalb die Straßenbahn nach Kirchheim ebenso ab wie die geplante Fußgängerzone in der Schwetzinger Straße. Sie soll auf Antrag der CDU-Fraktion im Stadtentwicklungssausschuß durch einen verkehrsberuhigten Bereich ersetzt werden. Damit wäre den Händlern, den Einkäufern und den Fußgängern gleichermaßen gedient und der Durchgangsverkehr aus dem Kirchheimer Zentrum verbannt.

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