Stadtwerke müssen sich dem Wettbewerb stellen

Wie in der RNZ vom 20. Oktober berichtet, hat Oberbürgermeisterin Beate Weber den Heidelberger Landtagsabgeordneten Werner Pfisterer aufgefordert, seinen parlamentarischen Einfluss in Stuttgart geltend zu machen, damit der Auftrag für die Energieversorgung des Neuenheimer Feldes an die Stadtwerke Heidelberg AG gehen kann und nicht an den Ausschreibungsgewinner, die Dortmunder Firma HEC.


Pfisterer antwortete der Oberbürgermeisterin umgehend, dass er sich schon Anfang des Monats um die Angelegenheit gekümmert habe, sobald er von dem Ausschreibungsergebnis erfahren hatte. Wie er in der Gemeinderatssitzung am 7. Oktober erklärt habe, führt leider kein Weg an einem Vertrag mit der nordrhein-westfälischen Firma vorbei: „Das Land hat in dieser Sache keinen Einfluss, denn das Klinikum ist eigenständig, der Strommarkt ist frei und die Stadtwerke waren zum Zeitpunkt der Ausschreibung für einen ungeschützten Markt zu teuer“.

Pfisterer berichtete, das Klinikum hätte lieber mit den Stadtwerken zusammengearbeitet, dies sei bei seinen Gesprächen mit dem Verwaltungschef des Klinikums, Manfred Rummer, und mit dem Aufsichtsratsvorsitzen-den, Ministerialdirektor Rudolf Böhmler, deutlich zum Ausdruck gekommen. Dass es nicht nach Wunsch gehen liegt an der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes vom April 1998. Mit dem Ziel, die Monopole auf dem Strommarkt zu beseitigen und durch mehr Wettbewerb gerechtere Preise zu erreichen, müssen seitdem Projekte wie das Uniklinikum EU-weit ausgeschrieben werden. Den Zuschlag muss das Unternehmen erhalten, das zum günstigsten Preis das beste Angebot macht; ansonsten ist Schadensersatz fällig: im Fall Uniklinikum ca. 20 Millionen.

Für die Kunden ist die Liberalisierung des Strommarktes erfreulich, denn die Preise werden voraussichtlich um ein Drittel sinken. Doch die kommunalen Stromanbieter haben ein Problem. In Monopolzeiten hat es sich in vielen großen Städten eingebürgert, mit den Gewinnen aus dem Stromgeschäft Defizite anderer Bereiche zu decken, vor allem im Öffentlichen Nahverkehr. Bundesweit erwirtschafteten die kommunalen Stadtwerke bisher jährlich rund 3 Milliarden Mark Gewinn. 2 Milliarden davon gingen in die städtischen Verkehrsbetriebe.

So ist es auch in Heidelberg, schildert Pfisterer: „Wer das Licht einschaltet, bezahlt gleichzeitig einen Straßenbahnfahrschein. Diese Praxis ist nach der Energiewirtschaftsrechtsnovelle nicht mehr durchführbar. Als Stadtrat und Wahlkreisabgeordneter ärgere ich mich natürlich genauso wie die Oberbürgermeisterin darüber, dass dieser Großauftrag Geld aus dem Stadthaushalt zieht. Aber andererseits meine ich, wir müssen die Spielregeln der Marktwirtschaft einhalten. Denn genaugenommen ist es eine versteckte Steuer, wenn der Nahverkehr über die Stromkosten finanziert wird.“ Aufsichtsratsvorsitzende von HVV, Stadtwerke AG und HSB ist Oberbürgermeisterin Beate Weber. Als ehemalige Europaabgeordnete sollte sie die EU-Richtlinien in den Griff bekommen und die Betriebe für die Konkurrenz auf dem freien Markt in Schwung bringen.

Nicht nur die Finanzsituation der Stadt bereitet der Oberbürgermeisterin Sorgen, sondern auch der Umweltschutz. Sie kritisiert, dass der günstigere Preis des fremden Anbieters mit erhöhten Emissionen bezahlt werden muss, weil die Firma HEC plant, eine Gasturbinenanlage zur Eigenerzeugung von Strom und Wärme auf dem Gelände es Uni-Heizwerkes zu errichten. Pfisterer erwidert: „Das Energiewirtschaftsrecht sieht vor, dass im Ausschreibungsverfahren Preis, Sicherheit und Umweltverträglichkeit gleich gewichtet werden. Das Uniklinikum hatte ein Stuttgarter Ingenieurbüro mit der Ausschreibung beauftragt. Die Stadtwerke AG hat jetzt ein Prüfungsverfahren bei der Vergabekammer beantragt. Wenn der Umweltschutz bei der Ausschreibung nicht genügend berücksichtigt worden ist, wird das dort festgestellt werden. Ich habe den Verwaltungschef des Klinikums gebeten, Frau Beate Weber die Ökobilanz vorab zukommen zu lassen, falls dies im schwebenden Verfahren erlaubt ist.“

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